Eine wunderschöne Stadt
Es war einmal eine wunderschöne Stadt, idyllisch gelegen an einem See. Die Menschen dort hatten ein gutes Leben; andere aus aller Welt besuchten die Stadt und waren sehr beeindruckt. Die Stadtregierung sorgte für das Wohl aller. Natürlich hatten die Menschen auch Sorgen: Das Klima spielte verrückt, eine tägliche Autolawine machte ihnen das Leben schwer, Wohnen war teuer und nicht alle hatten ein gutes Leben. Die Stadtregierung fürchtete zudem, dass das Geld nicht für alle Aufgaben reichen würde. Deshalb waren die Finanzprognosen jedes Jahr düster und die Finanzdirektorin mahnte bei den Ausgaben zur Vorsicht. Glücklicherweise trafen die Befürchtungen nie ein und die Rechnungen der Stadt schlossen Jahr für Jahr mit Millionen-Überschüssen ab. Wie übrigens im Land, in welchem die Stadt lag, und in fast allen Provinzen und Gemeinden dieses Landes auch.
Irgendwann kam die Stadtregierung zum Schluss, etwas müsse sich ändern. Sie lud alle Menschen der Stadt zu einem grossen Fest ein, finanziert mit einem Mini-Mini-Bruchteil des aktuellen Überschusses. Sehr viele Menschen kamen und freuten sich über die Finanzerfolge der Stadt. In Gesprächen tauschten sie sich über allerhand Möglichkeiten aus, was in dieser glücklichen Lage zu tun sei. Und am Ende des Festes hatten sie eine gemeinsame Liste mit Vorschlägen erstellt: Grössere Einspeisungen in den städtischen Energiefonds, um die Folgen des Klimawandels zu mildern; weitere Vergünstigung der Kinderbetreuung, vor allem für Familien mit finanziellen Engpässen; mehr Beteiligung an internationaler Entwicklungszusammenarbeit, um das Leid armer Menschen lindern zu helfen; Schaffung eines Bodenfonds für eine noch aktivere Rolle der Stadt in der Wohnpolitik; Bau und Betrieb eines zweiten städtischen Hallenbads; dazu viele weitere sinnvolle Ideen.
Übrigens: Den Vorschlag, die Steuern zu senken, machte niemand. Denn allen war klar, zuerst müssen die anspruchsvollen Probleme der Gegenwart gelöst werden, um alle Menschen der Stadt in eine hoffnungsvolle Zukunft blicken zu lassen.
Februar 2025, Margarita Schwammstadt